Die Mensur

Die Burschenschaft Adelphia bekennt sich zur Pflichtmensur und fordert von ihren Mitgliedern
drei genügende Partien. Über das studentische Brauchtum des Fechtens gehen unzählige Schauer-
märchen umher, die allesamt nicht der Wahrheit entsprechen. Das mag zum einen daran liegen,
dass die Mensur für Außenstehende den mit Abstand spektakulärsten Teil einer Studentenverbin-
dung darstellt. Zum anderen wissen alle diejenigen, die nicht gefochten haben, gar nicht,
wovon sie reden. Die Mensur ist nur einer von vielen Bausteinen im Gebäude „Studentenverbindung“. Allerdings stellt sie einen Baustein dar, auf den man nicht verzichten will. Das liegt nicht
nur daran, dass damit eine alte Tradition fortgeführt wird, sondern auch an der Tatsache, dass
die Mensur die Gemeinschaft stärkt und festigt.

Ein kleiner Überblick über die Geschichte und die Gegenwart des studentischen Fechtens soll
helfen, sich ein Bild von diesem Teil des Studentenlebens zu machen.

Die geschichtliche Entwicklung der Mensur
Im ausgehenden Mittelalter bringen die ersten Studenten an den neu gegründeten Hochschulen in
Prag (1348), Wien (1365), Heidelberg (1386) und Erfurt (1392) die Sitte des Waffentragens aus
Paris, Bologna und Padua mit. Dies fußte auf dem durch die langen Wege von der Heimat zur
Universität entstehenden Bedürfnis, sich gegen mögliche Überfälle zu schützen und auf dem Be-
streben des Bürgertums, mit dem Adel gleichzuziehen.

Dieses ausgeprägte Standesbewusstsein und die Freude an einer tatkräftigen Auseinandersetzung
führte dazu, dass vor allem nach dem Dreißigjährigen Krieg die Zahl der Duelle deutlich anstieg
und auszuufern drohte. Damals gab es so gut wie keine Regeln für die Austragung solcher Duelle.
Dies hatte deshalb nicht selten den Tod eines der Beteiligten zur Folge. Erst die Einführung von
bestimmten Duellregeln am Ende des 18. Jahrhunderts setzte dem unkontrollierten Treiben ein Ende.

Diese neuen Regelwerke (Comment) beruhten auf dem Prinzip der unbedingten Satisfaktion und
wurden auf die gesamte Studentenschaft ausgedehnt. Jeder war nun verpflichtet, für sein Wort
und Tun mit der Waffe einzustehen, weshalb ein gewisser erzieherischer Einfluss nicht zu
leugnen ist. Im Laufe der Zeit ging man schrittweise vom gefährlichen Stoßfechten zum harm-
loseren Hiebfechten über.
Dabei wurden die Partien immer mehr durch verbindliche Regeln eingeschränkt, so dass bis zum
Ende des 19. Jahrhunderts eine gewisse Erstarrung des studentischen Fechtens eingetreten war.
Dies lag vor allem darin, dass man sich allmählich vom bloßen Duellfechten löste und die
Bestimmungsmensur einführte. Losgelöst von Beleidigungen oder sonstigen persönlichen Unstim-
migkeiten gibt es hier weder Sieger noch Besiegten, sondern nur gleichwertige Paukanten, die
ihren Mut und ihr Bekenntnis zu ihrem Bund dadurch beweisen, dass sie einem Gleichgesinnten
mit der Waffe in der Hand gegenübertreten. Diese Form der Bestimmungsmensur hat sich seit
Ende des 19. Jahrhunderts in fast unveränderter Form bis in die Gegenwart bei waffenstuden-
tischen Verbindungen erhalten.

Die Mensur heute
Das Mensurfechten bildet bei allen pflichtschlagenden Verbindungen immer noch ein wesentliches
Element des Verbindungslebens, wozu sich auch die Burschenschaft Adelphia bekennt. Ihr grundle-
gender Wert liegt für uns in der Stärkung des Selbstbewusstseins und der Selbstbeherrschung.
Denn das Schlagen einer Mensur erledigt sich nicht im Vorbeigehen und wohl jeder hat Respekt
davor. Der Paukant ist in dieser Situation auf sich alleine gestellt und lernt, Nerven und Sinne
in einem gewissen Grade zu beherrschen. Unterstützt wird er von einem Sekundanten an seiner Seite.
Die heute üblichen Partien werden von den Fechtwarten der einzelnen Bünde ausgehandelt. Es wird
darauf geachtet, dass sich nach Möglichkeit die Paukanten nach Größe, Kraft, Technik und Geschwin-
digkeit entsprechen, um eine saubere und ordentliche Partie zu gewährleisten. Treffer oder Schmisse
haben für den Wert einer Mensur nur untergeordnete Bedeutung. Viel wichtiger ist es, dass der Pau-
kant eine bestimmte Haltung zeigt, die darin besteht, dass er sein Bestes gibt, sich an die Regeln
hält und auch unter Druck sein erlerntes Können anwenden kann.

Die Mensur ist für eine Gemeinschaft wie die unsrige nützlich, da sie eine Möglichkeit darstellt,
die Verbundenheit und Treue zur selbstgewählten Verbindung nicht nur durch Worte, sondern auch
durch Taten zu bekunden. Denn die Mensur ist auch das Symbol für das verantwortungsvolle Eintreten
für die Gemeinschaft und ihre Werte. Sie stellt somit für uns das Mittel dar, die Spreu vom Weizen
zu trennen und bloße Mitläufer auszusieben. Hinzu kommt, dass das Fechten einer Partie ein gemein-
schaftsbildendes Element von nicht zu unterschätzender Wirkung darstellt. Wir fechten unsere Partien
auf die Farben der Burschenschaft Adelphia und alle Bundesbrüder stehen einem dabei zur Seite.